aG-Widerspruch negativ - Rechtsanwalt gesucht
Verfasst: Do Jul 28, 2005 11:07
Heute bekam ich den Bescheid auf meinen Widerspruch. Zur Erläuterung: ich bin seit Februar 2005 oberschenkelamputiert ("nur" einseitig) und meine Schwerbehinderung ist (wohl auch wegen einer Herzoperation in 2001) nit 80% festgestellt worden. Das Merkzeichen aG wurde mir versagt mit der Begründung, dass einseitig Oberschenkelamputierte (rein theoretisch) nicht schlecht genug gegen können, um dieses Merkzeichen zu rechtfertigen. Wenngleich ich durchaus sehe, dass die Gehfähigkeit nach einigen Jahren intensiven Trainings durchaus recht gut sein kann, so ist dies bei mir noch nicht der Fall, da ich noch nicht mal eine Prothese habe, deren Schaft optimal sitzt, geschweige ausreichend Training.
Wer hat schon mal auf Grund eines solchen Bescheids Klage vor dem Sozialgericht eingereicht? Mit welchem Ergebnis?
Wer kennt einen Rechtsanwalt, der sich in solchen Dingen auskennt?
Ich möchte diese Sache auf jeden Fall mindestens bis zum Bundessozialgericht durchziehen und brauche alle verfügbaren Informationen dazu. Ich werde euch selbstverständlich in diesem Thread auf dem Laufenden halten.
Viele Grüße
Charley
P.S.: Hier ist noch der Text meines Widerspruchs:
Ich nehme an, dass schon viele von euch ähnliche Bescheide erhalten haben. Und ich nehme an, dass dies viele von euch auch als nicht gerecht empfinden.REGIERUNGSPRÄSIDIUM STUTGART
Landesversorgungsamt
Widerspruchsbescheid gem. § 85 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)
Sehr geehrter Herr ...,
Ihr Widerspruch gegen den Bescheid des Landratsamtes ... - Amt für besondere
Hilfen - SG 332 - vom 13.06.2005 - Az.: ... - wird zurückgewiesen.
Kosten des Vorverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
Mit o.a. Bescheid wurde festgestellt, dass bei Ihnen eine außergewöhnliche Gehbehinderung (Merkzeichen aG) nicht vorliegt.
Hiergegen richtet sich Ihr Widerspruch. Sie tragen im Wesentlichen vor, dass Sie wegen der Schwere Ihrer Gehbehinderung die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens aG erfüllen. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf Ihre Widerspruchsbegründung Bezug genommen.
Die angefochtene Entscheidung ist unter Würdigung Ihres Vorbringens sowie einer erneuten versorgungsärztlichen Stellungnahme überprüft worden.
Danach ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Schwerbehinderten Menschen kann eine Ausnahmegenehmigung zur Parkerleichterung u. a. dann erteilt werden, wenn sie außergewöhnlich gehbehindert sind (Merkzeichen aG im Ausweis). Dies ist gemäß Allgemeiner Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) bei schwerbehinderten Menschen der Fall, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen: Querschnittsgelähmte, Doppel-Oberschenkelamputierte, Doppel-U nterschen kelamputierte, Hüftexarti kulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Eine solche Gleichstellung rechtfertigen beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades.
Da Sie nicht zu den im einzelnen aufgeführten Behinderten gehören, bei denen eine außergewöhnliche Gehbehinderung ohne weitere Prüfung anzunehmen ist, erstreckte sich die Prüfung darauf, ob Sie diesem Personenkreis gleichzustellen sind. Dies ist allerdings nicht der Fall.
Für eine solche Gleichstellung kommt es nicht entscheidend auf die vergleichbare allgemeine Schwere der Leiden an, sondern allein darauf, daß die Auswirkungen funktionell gleichzuachten sind. Nach der Rechtsprechung darf die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur auf eine Einschränkung der Gehfähigkeit und nicht auf Bewegungsbehinderungen anderer Art bezogen werden.
Der Sinn der Parkerleichterung ist es, Wege, die nur mit außergewöhnlicher und großer Anstrengung zu Fuß zurückgelegt werden können, zu verkürzen. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist. Nach bisheriger Erfahrung nehmen ärztliche Sachverständige an, daß Schwerbehinderte, wie sie in den AHP 2004 im einzelnen aufgeführt sind, ohne fremde Hilfe und ohne große Anstrengung zu Fuß allenfalls 50 bis 100 m zurücklegen können. Auch unter Berücksichtigung der von Ihnen geklagten Beschwerden können sie also diesem begünstigten Personenkreis nicht gleichgestellt werden, da ihre Gehfähigkeit nicht in diesem entsprechenden, ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist.
Nach den vorliegenden Unterlagen liegt bei Ihnen eine erhebliche, aber keine außergewöhnliche Gehbehinderung vor. Eine solche kann nur angenommen werden wenn das Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt ist. Die Einschränkung der Gehfähigkeit entspricht nicht, wie in den Anhaltspunkten gefordert, der eines Doppeloberschenkelamputierten. Im Kurentlassungsbericht des ... vom 20.05.2005 wird beschrieben, dass Sie mit Prothese und Gehstützen uneingeschränkt mobil sind.
Die Zuerkennung des Merkzeichens aG lässt sich daher nicht begründen.
Ihrem Widerspruch musste deshalb ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Gegen diesen Bescheid ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Sozialgericht Stuttgart, Theodor-Heuss-Str. 2, 70174 Stuttgart zulässig. Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Sozial gericht zu erheben. Sie soll die Beteiligten und den Streitgegenstand bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klageschrift sowie Beweisunterlagen sollen möglichst in zweifacher Fertigung eingereicht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Wer hat schon mal auf Grund eines solchen Bescheids Klage vor dem Sozialgericht eingereicht? Mit welchem Ergebnis?
Wer kennt einen Rechtsanwalt, der sich in solchen Dingen auskennt?
Ich möchte diese Sache auf jeden Fall mindestens bis zum Bundessozialgericht durchziehen und brauche alle verfügbaren Informationen dazu. Ich werde euch selbstverständlich in diesem Thread auf dem Laufenden halten.
Viele Grüße
Charley
P.S.: Hier ist noch der Text meines Widerspruchs:
21.06.2005
Fax an
Landratsamt ...
Amt für besondere Hilfen - SG 332
Az ...
Widerspruch
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen die mit Bescheid vom 13.06.2005 getroffene Feststellung über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ erhebe ich Widerspruch.
Gemäß „Übersicht über Nachteilsausgleiche für schwerbehinderte Menschen“ sind außergewöhnlich gehbehindert und damit berechtigt zum Erhalt des Merkzeichens „aG“ „Personen, die sich ... dauernd ... nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen können.“ Dies trifft eindeutig auf mich zu.
Auf Seite 3 Ihres Bescheids vom 13.06.2005 zählen Sie zwar einige Fälle von Behinderungen auf, die sicher zu einer Erfüllung der Voraussetzungen für Merkzeichen aG führen. Diese Aufzählung ist aber nicht abschließend; sie stellt eine Interpretation der im ersten Satz definierten Voraussetzungen dar.
Es ist völlig abwegig, aus der Tatsache, dass ich nur einseitig oberschenkelamputiert bin und dass ich nicht dauernd außerstande bin, ein Kunstbein zu tragen, zu schließen, ich könne mich außerhalb meines Kraftfahrzeugs auch ohne große Anstrengung bewegen. Inwieweit dies irgendwann einmal möglich sein wird, kann hier dahingestellt bleiben. Derzeit ist dies jedoch definitiv nicht möglich.
Wenn ich nach Verlassen meines Fahrzeugs bereits nach Zurücklegung von weniger als 50 Metern wegen der körperlichen Anstrengung auch bei kühlem Wetter schweißgebadet bin, so zeugt dies m.E. durchaus von „großer Anstrengung“. Wenn ich dazu auf nicht ganz ebenen Wegen trotz Kunstbein nicht in der Lage bin, mich ohne 2 Krücken sicher fortzubewegen, so zeugt dies sicherlich von einer „außergewöhnlichen Gehbehinderung“. Und wegen dieser außergewöhnlichen Gehbehinderung wage ich es auch nicht, ohne Rollstuhl im Kofferraum mit dem KFZ unterwegs zu sein.
Auf Grund von Schwankungen an Stumpfvolumen und Stumpfform ist es bisher noch nicht gelungen, eine Prothese so gut anzupassen, dass mir das Tragen derselben schmerzfrei möglich wäre und dass mir das Gehen damit ohne große Anstrengung möglich wäre. Außerdem weist mein noch vorhandenes Bein als Folge der vorgenommenen Bypass-Operation noch große Bereiche auf, die bei Belastung erhebliche Schmerzen verursachen können.
Sicherlich wünsche ich mir inständig, möglichst bald wieder ohne große Anstrengung gehen zu können. Leider war bisher keiner der mich behandelnden Ärzte oder der mich betreuenden Therapeuten in der Gehschule bereit, irgend eine Aussage darüber zu machen, wann dies der Fall sein wird. Und ob es überhaupt so weit kommt, weiß derzeit noch niemand.
Als weiteres Problem kommt hinzu, dass ich auf einem normalen Parkplatz oftmals mein Fahrzeug überhaupt nicht verlassen kann. Wegen des Kunstbeins ist es mir nur möglich, ein- oder auszusteigen, wenn die Fahrzeugtür ganz geöffnet ist. Dies erfordert entsprechende Breite des Parkplatzes, die aber meist nur auf einem speziellen Behindertenparkplatz zur Verfügung steht.
Meines Erachtens erfülle ich ohne weiteres die Voraussetzungen für die Zuteilung des Merkzeichens aG.
Mit freundlichen Grüßen